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Stadt Hürth

Bürgermeister Werner Disse

1920 - 1933

Stadtarchiv (41-1)

Bürgermeister Werner Disse (Zentrum) prägte in enger Zusammenarbeit mit seinem Ersten Beigeordneten Fritz Räcke (SPD) die Hürther Kommunalpolitik in der Weimarer Republik. Der aus Gieboldehausen bei Duderstadt stammende Katholik Werner Disse war seit 1896 in verschiedenen Kommunalverwaltungen tätig, seit 1910 als Sekretär des Kreisaus­schusses beim Landkreis Köln. Er verfügte so schon über eine große Erfahrung als Verwal­tungs­beamter, als er 1917 zum besoldeten Beigeordneten und 1920 zum Bürgermeister der Bürgermeisterei Hürth gewählt wurde.

Disse war ein sehr aktiver, engagierter und energischer Bürgermeister, der sein Amt souverän führte und überall entschieden für die Interessen seiner Bürgermeisterei eintrat. Dafür setzte er sich öfters auch einmal spon­tan auf den Nachtzug nach Berlin, um bei den preußischen Ministerien herauszuholen, was trotz schlechter Zeiten irgendwie herauszuholen war.

Gegen den Widerstand seiner eigenen Partei setzte er 1930 gemeinsam mit SPD und KPD den Zusammenschluss der Gemeinden der Bürgermeisterei zu einer "Großgemeinde Hürth" durch. Bei den Gemeinderatswahlen am 12.03.1933 kamen die Nationalsozialisten in Hürth nur auf gut 20 % der Stimmen, obwohl diese Wahlen schon unter ganz irregulären Bedingungen stattfanden.

Die Schlägerbanden der SA waren zu diesem Zeitpunkt bereits zu Hilfspolizisten ernannt und "bewachten" die Wahllokale, und die meisten Kandidaten und Funktionäre der KPD saßen schon in irgendwelchen "Schutzhaft"-Kellern und wurden dort übel zugerichtet. Trotzdem hatten die Nazis in Hürth immer noch nicht die geringste Chance, allein oder auch gemeinsam mit den Deutsch­nationalen eine Mehrheit zu bekommen. In dem am 12. März 1933 gewählten Gemeinderat hätten sie, wäre dieser je zusammengetreten, nur 6 von 24 Sitzen gehabt. Aber dazu kam es schon nicht mehr, denn die Nazis verschafften sich ihre fehlende Mehrheit durch Drohungen, Prügeleien und illegale Verhaftungen.

Auch Bürgermeister Werner Disse zählte zu ihren Hauptangriffszielen. Am 18. März 1933 setzte Landrat Heimann (Zentrum) den nationalsozialistischen Kreisobersekretär Heinrich Goß als kommissarischen Bürgermeister ein. Am Tag darauf, sonntags mittags bei der Rückkehr vom Kirchgang, wurde Disse in "Schutzhaft" genommen. Er landete in den Haftzellen im Keller seines eigenen Rathauses, wurde aber schon nach ein oder zwei Tagen wieder entlassen. Die NSDAP brachte eilends ein Pamphlet heraus, in dem eine angebliche Verschwendungssucht des Bürgermeisters nachgewiesen werden sollte. Um die vorgebliche Erregung der Bevölkerung hierüber zu dokumentieren, brachte man zweimal nachts im Garten des Bürgermeisterwohnhauses gegenüber dem Rathaus in der Rosellstraße eine Sprengladung zur Explosion. Verängstigt und entnervt bat Disse am 1. Mai 1933 den neuen Nazi-Bürgermeister Goß darum, nach Köln wegziehen zu können. Am 28. September 1933 wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Während des Krieges wurde er als Verwaltungs­angestellter in den Kommunalverwaltungen in Brühl und Wesseling dienstverpflichtet. Sofort nach der Einnahme Hürths durch die amerikanischen Truppen im März 1945 ernannten diese Disse zum Landrat des Kreises Köln. Das bedeutete eine wunderbare Rehabilitation seiner Person und eine verdiente Anerkennung seiner Arbeit in der Weimarer Republik. Er übte dieses Amt bis zum 25.06.1946 aus und trat dann im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand. Er starb am 01.04.1962 im Alter von 80 Jahren.

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Bildnachweise

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